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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 04.04.2012


Hinter der Tür - ein Film mit Helen Mirren von István Szabó. Kinostart 5. April 2012
Britta Meyer

Emerenc ist die wahrscheinlich grantigste Haushälterin Ungarns. Sie grummelt, schimpft und mischt sich in die Privatangelegenheiten ihrer ArbeitgeberInnen ein. Wenn sie zum Putzen kommt, dann...




... fühlt sich dies an, wie der gnädige Besuch eines Staatsoberhaupts.

Mensch will sie trotzdem nicht missen. Niemand reinigt das Haus gründlicher als Emerenc (Helen Mirren) und die von ihr zubereiteten Speisen sind immer köstlich. Außerdem geht von der stolzen Frau mit dem stechenden Blick die Faszination einer Herrscherin aus. So jedenfalls geht es der Schriftstellerin Magda (Martina Gedeck), die nach einer verlässlichen Hilfe suchte, um sich endlich ganz dem Schreiben widmen zu können. Mit ihr zurecht zu kommen ist jedoch ein täglicher Machtkampf: Emerenc beobachtet und beurteilt ihre Umwelt gnadenlos und lässt keine noch so kleine Charakterschwäche unkommentiert. Wenn Magda sie einlädt, mit ihr zusammen die Messe zu besuchen, darf sie sich erstmal Bigotterie vorwerfen lassen:

"Es gibt zwei Arten von Menschen auf der Welt: Die, die fegen, und die, die fegen lassen. Ihr Jesus, der hat gefegt."

In Magda allerdings hat sie einen genauso sturen Gegenpart gefunden, der sich durch nichts und niemanden davon abbringen lässt, um Emerencens Zuneigung zu werben. Nach und nach mischen sich plötzliche Momente warmer Fürsorglichkeit in das Benehmen der Haushälterin. Eine deutliche Grenze jedoch besteht: niemandem, auch nicht Magda, ist es gestattet, Emerencens kleine Hütte zu betreten oder auch nur einen Blick über die Türschwelle zu werfen.

Was verbirgt sie dort? Vielleicht geraubte Schätze der ermordeten jüdischen Familie, die früher in Magdas Haus gewohnt hat? Und was ist eigentlich mit der Tochter passiert, die sie einmal gehabt haben soll? Magdas zerbrechliche Freundschaft zu Emerenc wird auf die Probe gestellt, als sich die Tür der Hütte eines Tages nicht mehr öffnet und niemand weiß, was aus ihr geworden ist...

Es macht Spaß, den zwei grundverschiedenen Frauen dabei zuzusehen, wie sie über alle gesellschaftlichen Grenzen hinweg eine vorsichtige Beziehung zueinander formen. Streckenweise bleibt es jedoch schwer verständlich, wieso Magda so beharrlich den Respekt und das Vertrauen einer Frau sucht, die ihr kaum mehr Achtung entgegen bringt, als einem zwar geliebten, aber verzogenen Kind.

Die Hauptdarstellerinnen:

Helen Mirren, hieß die ersten Jahre ihres Lebens noch Ilyena Vasilievna Mironov und wurde 1945 als Tochter einer russischen Familie in Chiswick geboren. Sie studierte Schauspiel an der Royal Shakespeare Company und gewann zahlreiche Auszeichnungen als Theater- und Kinodarstellerin, unter anderem den Oscar, den Golden Globe, den "Coppa Volpi", den "London Critics` Circle Film Award", den "Los Angeles Film Critics Association Award" und den Europäischen Filmpreis für ihre Rolle der englischen Königin Elisabeth II. in "The Queen" (2006). 2003 wurde ihr der Titel "Dame of the British Empire" verliehen. Zuletzt beeindruckte sie uns durch ihre Rolle einer Mossad-Agentin im Film Eine offene Rechnung. The Debt.

Martina Gedeck, geboren 1961 in München, studierte an der Max-Reinhardt-Schule und an der Berliner Hochschule der Künste. Nach einer erfolgreichen Theaterkarriere begann sie Ende der 1980er Jahre, in Spielfilmen und Fernsehserien mitzuwirken. Neben vielen anderen Fernsehpreisen wurde sie für ihre Darstellung in "Bella Martha" (2002) mit dem Deutschen Filmpreis und dem Preis der Deutschen Filmkritik ausgezeichnet.

Zum Regisseur: István Szabó, geboren 1938 in Budapest, überlebte die Shoah bei FreundInnen, die ihn versteckten. Nach einem Studium an der Budapester Akademie für Theater und Filmkunst drehte er zunächst Kurzfilme und 1964 seinen ersten Spielfilm, "Zeit der Träumereien". Für "Mephisto" (1981) erhielt er den Oscar als Bester ausländischer Film, den Preis für das beste Drehbuch beim Filmfestival in Cannes und den Gilde-Filmpreis in Gold.

AVIVA-Tipp: Die von dramatisch anschwellender Musik untermalten Gewitterwolken als ständig wiederkehrendes Symbol für kommendes Unheil sind zwar übertrieben kitschig, aber das Zusammenspiel von Gedeck und Mirren ist es vielfach wert.

Hinter der Tür
Originaltitel: The Door
nach dem Roman von Magda Szabó
Regie: István Szabó
Drehbuch: István Szabó, Andrea Vészits
DarstellerInnen: Helen Mirren, Martina Gedeck, Károly Eperjes, Gábor Koncz, Enikõ Börcsök, Ági Szirtes, Erika Marozsán, Ildikó Tóth, Mari Nagy, Péter Andorai, u. a.
Verleih: Piffl Medien
Kamera: Elemér Ragályi HSC
Schnitt: Réka Lemhényi
Ausstattung: Lóránd Jávor Volker Schäfer
Kostüme: Györgyi Szakács
Ton: Simon Kaye C.A.S.
Produktion: Jenö Hábermann, Sandor Söth
Kinostart: 5. April 2012
www.hinter-der-tuer.de


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Britta Meyer